Obwohl das Gesamtwerk der heute 85-jährigen Letizia Battaglia 600.000 Negative mit einem breiten Themenspektrum umfasst, wird sie vor allem als die erste Antimafia-Fotografin Siziliens wahrgenommen. Es war ein langer Weg, der diese außergewöhnliche Frau zum selbstbestimmten Leben führte, in dem sie sich von der vermeintlichen Tradition und den damit verbundenen familiären und gesellschaftlichen Zwängen befreite. Um ihrem tyrannischen Vater zu entkommen, heiratete sie bereits mit 16. Der Ehemann, Erbe einer reichen sizilianischen Kaffeeröster-Familie, verbot es ihr, die Ausbildung fortzusetzen, damit sie später studieren konnte. Nach einem Nervenzusammenbruch zog sie mit ihren drei Töchtern nach Mailand. 1971 wurde sie geschieden, verzichtete auf Unterhaltszahlungen ihres Exmannes und begann, für die linke Tageszeitung L´Ora zu schreiben. 1974 ging sie mit ihrem 18 Jahre jüngeren Lebensgefährten Franco Zecchin nach Palermo, ihre Geburtsstadt, wo sie als Cheffotografin der 1990 eingestellten L´Ora arbeitete. Aus dieser Zeit stammen die meisten der im Italienischen Institut Berlin ausgestellten Bilder.
Letizia Battaglias Blick auf das Geschehen, das sie mit der Kamera registriert, ist schonungslos, distanziert, empathisch, aber niemals voyeuristisch. Sie ist Chronistin einer von blutigen Gewaltakten, Angst, Unterwerfung und Verrohung gezeichneten Gesellschaft, die sich mit ihrer Lage abgefunden hat. Sizilien und der Kampf gegen die Mafia ist, wie Battaglia es bereits 1977 auf ihrem wie eine Parabel anmutenden Foto Katz und Maus, sattgefressen am Müll zeigt, häufig nur für die Galerie: Eine wohlgenährte schwarzweiße Katze folgt in aller Ruhe einer dicken Ratte auf der Straße. Es sind lakonische und schnörkellose Bilder einer Gesellschaft, in der Anstand und Moral nichts mehr gelten. Der Weg nach oben, an die Spitze der Cosa Nostra und anderer »Familien« ist mit Leichen gepflastert. 1992, nach dem Attentat auf den Richter Giovanni Falcone in Palermo, bei dem er und seine vier Mitarbeiter getötet wurden, hörte Letizia Battaglia auf, die Ermordeten zu fotografieren. Sie widmet sich seitdem einem Thema, das sie auch früher beschäftigte: Mädchenporträts, die sie als ihr Alter Ego betrachtet…
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Letizia Battaglia. Der Kampf gegen die Mafia, Italienisches Institut Berlin: Virtueller Rundgang >>>
Text & Fotos © Urszula Usakowska-Wolff